Auch in schwierigen Zeiten unvergessen
27.Januar – Gedenktag für die Opfer des Nationalsozialismus
Jedes Jahr gedenken am 27.01. unsere Schüler*innen und Lehrer*innen der Ofer des Nationalsozialismus am Tag der Befreiung des Vernichtungslagers Auschwitz-Birkenau durch die Roten Armee. Wir setzen damit ein wichtiges Zeichen gegen das Vergessen. Dieses Jahr konnte leider keine große Veranstaltung wie zum 75. Jahrestag stattfinden. Stellvertretend für unsere Schule legten einige Schüler*innen der Klasse 10e am Mühlenbecker Gedenkstein Blumen nieder und gedachten so der vielen Opfer der NS-Diktatur.
Dieser Text entstanden während der Projekttage „Wider das Vergessen“ 2020 am Beginn diesen Schuljahres, Verfasserin: Lilli Trabandt, 10e.
Geschichtlicher Hintergrund des Textes: Die Räumung des Konzentrationslagers Sachsenhausen
Am 20. und 21. April 1945 mehr als 33.000 Häftlinge, darunter Frauen und Kinder, von Sachsenhausen zu Fuß Richtung Nordwesten getrieben. Zuvor wurden alle kranken und marschunfähigen Häftlinge mit großen Transporten in die Sterbelager Bergen-Belsen und Mauthausen abgeschoben oder aber im Industriehof des KZ Sachsenhausen ermordet.
Der Todesmarsch: Kaum bekleidet, völlig unterernährt und von der KZ-Haft geschwächt, schleppten sich die Häftlinge unter den Augen der Bevölkerung bis zu 40 Kilometer täglich bei nasskaltem Wetter. Wer nicht mehr weitermarschieren konnte, wurde von der SS erschossen oder erschlagen. Das Gleiche drohte den Häftlingen bei dem Versuch, sich am Wegesrand mit Wasser oder Nahrung zu versorgen.
29.April 1945
Meine liebe Martha, mein wunderschöner Engel,
jetzt müssen wir wohl doch die Hoffnung aufgeben. Es tut mir so unendlich leid, um dich, um mich, um uns – ich werde wohl nie mehr heimkommen.
Vor Tagen weckte uns ein Lautsprecherbefehl: „Raus! Das Lager wird geräumt!“ Mit unseren Decken und letzten Habseligkeiten mussten wir uns vor den Baracken aufstellen. Sie trieben uns zusammen, sortierten alle aus, die zu schwach waren. Die SS erschoss sie entweder gleich vor unseren Augen oder trieb sie auf Transporter.Die anderen wurden durch das Haupttor wie Vieh getrieben.
Der Marsch Tausender Häftlinge begann. Der Todesmarsch.
Oh Martha, wir bestehen alle nur noch aus Haut und Knochen. Die Angst, erschossen, erschlagen zu werden, ist unser ständiger Begleiter. Die Angst, nicht mehr zu können, einfach zu schwach zu sein.
Ich dachte, die Zeit im KZ sei an Grausamkeiten, Unmenschlichkeit nicht zu übertreffen. Aber die SS-Leute sind ohne Gewissen, ohne Gnade. Wer sich vor Erschöpfung an den Rand der Straße setzt oder zusammenbricht, wird einfach erschossen.
Wir schleppen uns durch die Kälte, durch den Regen. Die Nächte verbringen wir unter freiem Himmel. Wir frieren, hungern. Und wir hoffen.
Ja, Martha, alles, was mich am Leben hält, ist die Hoffnung, dich wiederzusehen, die Hoffnung, dass diese Grausamkeiten endlich ein Ende haben. Wo ist die Rote Armee? Wir haben gehört, sie sollen schon nah sein. Wo? Wann kommt die Rettung? Wann seh‘ ich dich wieder?
Meine Liebe, ich weiß nicht, wie lange mich die Hoffnung noch am Leben hält, wie lange ich es noch schaffe, mich vorbei an Hunderten Schaulustiger in den Dörfern hungrig, frierend, einfach erschöpft auf den Beinen zu halten.
Die Chance, dass dich dieser Brief überhaupt erreicht, ist verschwindend gering.
Aber, mein geliebter Stern, du sollst wissen, dass ich dich liebe, dich unendlich vermisse, dich fest in meinem Herzen trage.
Ich weiß nicht, ob wir beide überhaupt eine gemeinsame Zukunft haben werden, ich habe es mir so gewünscht, wie oft haben wir davon geträumt.
Meine liebste Martha, pass auf dich auf, halt mich fest in deinem Herzen und fühle dich fest umarmt.
In tiefer Liebe und Hoffnung.
Dein Franz

Gedenkveranstaltung für die Opfer des Nationalsozialismus in den vergangenen Jahren
Geschichte kann sich wiederholen, wenn man nicht die richtigen Schlüsse daraus zieht. Deshalb gedachten die Schülerinnen und Schüler der Käthe-Kollwitz-Gesamtschule am 27. Januar 2020 wie in jedem Jahr traditionell den Opfern des Nationalsozialismus.
75 Jahre ist es nun her, dass das Vernichtungslager Auschwitz-Birkenau von der Roten Armee befreit wurde. Aus diesem Anlass versammelten sich mehr als 100 Schülerinnen und Schüler, Lehrer und Vertreter der Schulleitung am Mahnmal in Mühlenbeck. Der Einladung folgten auch die Bürgermeister Filippo Smaldino (Mühlenbecker Land) und Dr. Hans-Günther Oberlack (Glienicke/Nordbahn) mit einem gemeinsamen Gebinde zum Gedenken. Die Schülervertreter der Jahrgangsstufen legten je eine Rose und Konstantin Gasoski einen Blumenstrauß zum Gedenken nieder. Umrahmt wurde diese Geste durch ein kleines Programm. Die Schülerinnen und Schüler der 7. und 9. Jahrgangsstufe trugen die Songs „The Sound of Silence“ und „Schrei nach Liebe“ vor. Schulleiterin Kathrin Haase erinnerte in ihrer Rede daran, dass es nicht mehr viele Zeitzeugen in den Familien gäbe. Deshalb sei es wichtig sich gegen das Vergessen einzusetzen. Daher gibt es zu Beginn der 10. Klasse eine ganze Projektwoche. In der Woche „Wider das Vergessen“ werden gezielt Veranstaltungen, Projekte und Exkursionen rund um das Thema Nationalsozialismus durchgeführt. Sie verfassten dazu eigens ein Gedicht zum Gedenken, dass auch am Montag vorgetragen wurde. Ein weiterer Baustein ist beispielsweise der Besuch der Gedenkstätte Sachsenhausen. Kathrin Haase wies darauf hin, dass in jener Zeit jeder Opfer der Gewalt des NS-Regimes werden konnte. Sie schätze unsere heutige Demokratie jedoch stabiler ein und setze auf Aufklärung, wobei sie gleichzeitig zur Beteiligung an der Demokratie aufforderte. Aktuell halten die Schülerinnen und Schüler der 10. Klassen Vorträge in der Jahrgangstufe 7, um über diese dunkle Zeit zu informieren und auf entsprechende Lehren aufmerksam zu machen.